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LEBE LIEBER ÜBERSICHTLICH



München, 12. Juli 2006. Ein Umzug bringt immer neue Chancen. Auch, wenn die Räumlichkeiten kleiner statt größer werden. Wer sorgfältig plant und sich aufs Wesentliche beschränkt, merkt schnell: Der weggefallene Ballast eröffnet Freiräume – auch und besonders für ältere Menschen.

Jahrelang hat man sich wohnlich vergrößert: vom Jugendzimmer in die Studentenbude, dann in die Etagenwohnung oder vielleicht sogar ins eigene Haus. Und jetzt soll man sich plötzlich verkleinern, nicht allmählich, sondern radikal?

Der Umzug eines älteren Menschen, beispielsweise in
einen Wohnstift, bedeutet fast immer auch eine Reduzierung aufs Wesentliche. Dass das nicht zwangsläufig schlecht sein muss, zeigt das Beispiel des Ehepaars Bock, daß kürzlich nach über 30 Jahren aus einem großen Haus bei Hamburg ins Wohnstift Augustinum in Mölln gezogen ist.
„Anfangs war uns schon ein wenig mulmig“, erzählt Wolfram Bock. Aber mit perfekter Planung und dem notwendigen Schuss Pragmatismus fiel der Umzug schließlich viel leichter als erwartet. Um ein Gespür für die
räumliche Dimension des neuen Zuhauses zu bekommen, fertigte Bock eine maßstabsgetreue Zeichnung der Wohnung an und erstellte eine Liste, welche Möbel und Gegenstände in welches Zimmer sollten. So vermied das Ehepaar, zu viel ins neue Domizil mitzunehmen. Auch die Pfarrerin und
Psychologin Dr. Inken Mädler, Leiterin des Seminars „Los lassen“, das ältere Menschen auf den Umzug vorbereitet, rät ihren Teilnehmern, sich genau zu überlegen, in welchen Räumen sie sich bevorzugt aufhalten. „So erkennen sie, welche Lebensbereiche ihnen am meisten am Herzen liegen
und können entsprechend Prioritäten setzen“, erklärt sie.

Besonders schwer fällt erfahrungsgemäß die Trennung von emotionalen Gegenständen. Auch die Bocks überlegten sorgfältig, auf welche Dinge sie im neuen Heim auf keinen Fall verzichten mochten. Schließlich wurde entschieden, das Familienporzellan und Wolfram Bocks geliebte
Schiffsmodelle mitzunehmen; Hildegard Bocks umfangreiche Hamburg-Bibliothek wurde hingegen dem Hamburger Geschichtsverein vermacht.

„Dort sind die Bücher am besten aufgehoben“, erklärt die leidenschaftliche Sammlerin. „Das Loslassen von geliebten Gegenständen funktioniert am besten, wenn man sie geschätzten Personen oder Institutionen anvertraut
– durch die Gewissheit, dass sie nun in guten Händen sind“, erklärt Dr. Mädler. Wenn die ausrangierten Gegenstände keinen Abnehmer im persönlichen Umfeld finden, gibt es Hilfsorganisationen wie die Diakonie, das Deutsche Rote Kreuz oder die Caritas, die gut erhaltenen Hausrat
gerne entgegennehmen.

„Eine räumliche Verkleinerung hat auch Vorteile“, erläutert Psychologin Mädler. Schließlich bedeutet eine große Wohnung oder ein Haus mit Garten auch viel Arbeit. Der Aufwand für Hausarbeit oder für das Bereiten
von Mahlzeiten entfällt im Wohnstift. „Seit wir hier sind, haben wir viel mehr Zeit für uns und für Dinge, die uns Spaß machen“, freut sich Wolfram Bock. Reisen zum Beispiel oder kulturelle Veranstaltungen. Von der geliebten
Gartenarbeit mochte seine Frau jedoch nicht ganz lassen: Als Ersatz für ihren Garten haben die Bocks unweit des Wohnstifts eine Parzelle erworben, die allmählich zu einem kleinen Juwel heranblüht. Ihr altes Zuhause vermisst das Ehepaar kaum. Die Trennung war „kurz und knackig,
doch ist diese Erinnerung bereits in den Hintergrund gerückt. Für uns hat nun ein neuer Lebensabschnitt begonnen und dieser startet sonnig und schön“.

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